Forschungserkenntnisse zur Anzahl Solidaritätsbeitragsgesuche von Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen
Die vom Bundesrat eingesetzte Unabhängige Expertenkommission (UEK) zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der administrativen Versorgungen vor 1981 und ein Forschungsteam aus dem Sinergia-Projekt «Placing Children in Care 1940-1990» weisen auf verschiedene Herausforderungen und Schwierigkeiten hin, die mit der Einreichung eines Gesuchs für einen Solidaritätsbeitrag verbunden sind und ein solches individuell erschweren oder auch ganz verunmöglichen können.
Diese Erkenntnisse stützen sich auf biografische Interviews, die mit Betroffenen von administrativen Versorgungen und von Heimplatzierungen geführt worden sind.
Die UEK Administrative Versorgungen verfolgt mit grossem Interesse die Diskussion über die Anzahl Gesuche beim Bundesamt für Justiz um einen Solidaritätsbeitrag für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981. Gemäss Bundesamt für Justiz sind bereits 4525 Gesuche (Stand 11.01.2018) eingereicht worden. Ist diese tiefer als erwartete Anzahl Gesuche wirklich überraschend? Was kann von den Forschungsarbeiten erfahren werden?
Die Forschungsarbeiten weisen auf die vielfältigen Gründe hin, warum nicht alle Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen ein Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag stellen werden. Nichtsdestoweniger schmälern diese Aussagen in keiner Weise die Bedeutung des Solidaritätsbeitrages. Aus der Zahl an Gesuchen zu folgern, dass es viel weniger Opfer gäbe als bislang angenommen, ist mit Sicherheit falsch.
Die UEK Administrative Versorgungen (Beitrag von Ruth Ammann und Alfred Schwendener) sowie das Sinergia-Projekt «Placing Children in Care 1940-1990» (Beitrag von Clara Bombach, Thomas Gabriel und Samuel Keller) kommen zu ähnlichen Resultaten in ihren jeweiligen Forschungsbereichen (siehe beide Texte anbei).
Gründe, die tendenziell zu einem Nicht-Gesuch führen können Die Forschung gibt Einsichten in die Gründe warum ein Teil der Betroffenen kein Gesuch auf einen Solidaritätsbeitrag stellt, obwohl sie die Kriterien vollumfänglich erfüllen. Die UEK hat rund 60 biografische Interviews mit ehemaligen administrativ versorgten Personen schweizweit geführt. Übereinstimmend zeigt das SNF Sinergia-Projekt «Placing Children in Care 1940-1990» vergleichbares für 37 ehemalige Heimkinder aus dem Kanton Zürich, die in einem Teilprojekt der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) «Lebensverläufe nach Heimerziehung» biografisch interviewt wurden. In den insgesamt fast 100 biografischen Interviews zeigen sich folgende Gründe, die Betroffene davon abhalten, ein Gesuch einzureichen:
Weitere relevante Informationen Informationen über den Solidaritätsbeitrag und das Gesuchsverfahren sind hier zu finden: Die Frist für eine Gesucheinreichung läuft bis am 31. März 2018.
Weitere Informationen über beide Forschungsprojekte: http://www.uek-administrative-versorgungen.ch http://www.placing-children-in-care.ch/
Medienmitteilung auf dem Portal der Schweizer Regierung.
Kontakt / Auskunft Markus Notter, Präsident UEK Tel. +41 79 623 18 53 Elie Burgos, Generalsekretär UEK Tel. +41 58 461 89 41 / +41 78 613 76 66
Prof. Dr. Thomas Gabriel, ZHAW Tel. +41 58 934 88 52 / +41 79 501 15 99 |
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Ammann, Ruth; Schwendener, Alfred: «Zur Diskussion über die Zahl von Solidaritätsbeitragsgesuchen von Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen. Mögliche Erklärungen aus Sicht der Unabhängigen Expertenkommission (UEK) Administrative Versorgungen», Serie Working Papers, Unabhängige Expertenkommission (UEK) Administrative Versorgungen, Januar 2018.
Bombach, Clara; Gabriel, Thomas; Keller, Samuel: «Zum Verschwinden und Entwerten der Persönlichkeit, der eigenen Bedürfnisse und individuellen Erfahrungen», Stellungnahme Sinergia, FHNW, Januar 2018.